Asylvorschriften neu interpretieren!
Das Asylrecht, so wie es bisher angewendet wird, wird den geänderten Umständen der Gegenwart mit den gewaltig angewachsenen Wanderbewegungen über weite Distanzen nicht mehr gerecht. Die Massenzuwanderung unter dem Vorwand, Schutz und Asyl zu suchen, hat ein Ausmaß erreicht, das es erforderlich macht, die Situation neu zu bewerten. Und dabei sind auch die bisher in Anwendung gebrachten Rechtsvorschriften einer Überprüfung zu unterziehen.
Die Politik ist bisher weder auf nationaler, noch auf europäischer Ebene in der Lage gewesen, zielführende Lösungen zu bieten. Asyl und Asylrecht kann nicht länger, wie es derzeit ganz offensichtlich Praxis ist, als Rechtfertigung für eine an sich illegale Einwanderung größerer Bevölkerungsmassen akzeptiert werden. Die Umstände, die seinerzeit beim Abschluss der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. beim Beitritt dazu maßgeblich waren, haben sich in der Zwischenzeit fundamental geändert.
Das berechtigt nach der Wiener Vertragsrechtskonvention (Art. 61) zum Rücktritt vom Vertrag bzw. von der einschlägigen Vertragsbestimmung, weil geltend gemacht werden muss, dass eine Fortsetzung der bisherigen Praxis der generellen Aufnahme aller Aylsuchenden aus der ganzen Welt an praktische Grenzen stößt und so nicht mehr möglich ist.
Zu der Problematik äußert sich der deutsche Verfassungsrechtlers Professor Dr. Hans-Jürgen Papier, der ehemalige Präsident des deutschen Bundesverfassungsgerichts, in mehreren schriftlichen Stellungnahmen. Und da führt er aus, dass es rechtlich zulässig und geboten sei, die Prüfung, ob Schutz überhaupt zu gewähren sei, bereits vor der Einreise und vor dem Grenzübertritt vorzunehmen. Und wer aus einem sicheren Drittstaat anreist, dem sei überhaupt die Einreise zu verweigern.
Er steht damit im Widerspruch zu der herrschenden Interpretation der EU-Verordnung Dublin III, nach der man zunächst alle Personen einlassen müsse, die an der Grenze Asyl begehren.
Das sei nicht richtig, so seine Rechtsmeinung, diese Ansicht sei rechtlich nicht begründet, sondern nur ideologisch. Zurückweisungen an den Grenzen seien nicht nur möglich, sondern sogar geboten.
Denn auch die europäische Integration und EU-Vorgaben haben Schranken, und zwar dort, wo Kernbereiche der nationalen Souveränität betroffen seien. Das sei hier der Fall. Es handle sich hier um einen Kernbereich staatlicher Souveränität. EU-Recht dürfe das nationale Recht nicht aushöhlen. EU-Rechtsakte, auch Rechtsprechungsakte europäischer Gerichte, dürften nicht wesentliche Strukturen des nationalen Verfassungsrechtes aushöhlen, die für die Identität der Verfassung ausschlaggebend seien. Deutschland (und analog Österreich) kann daher europarechtlich nicht gezwungen werden, jeder Person auf der Welt, die an seinen Grenzen angibt, Asyl beantragen zu wollen, die Einreise zu gewähren. Das würde den Kernbereich der staatlichen Souveränität antasten. Soweit der hoch angesehene Verfassungsrechtler.
Mit anderen Worten: Wir müssen diese Leute, die aus einem sicheren Nachbarland kommen, nicht aufnehmen, mit ihnen kein Asylverfahren einleiten und ihnen kein Asyl geben. Und wer tatsächlich einen Asylgrund hat und meint, Schutz und Asyl würde er am liebsten in Österreich bekommen wollen, der möge im Ausland bei einer österreichischen Vertretungsbehörde darum ansuchen.
Zugleich sei festgehalten, dass Menschen, die wirklich auf Hilfe Anspruch haben, einen Pass und echte Dokumente vorweisen können, ihre Herkunft, ihren Reiseweg und ihr Alter richtig angeben und dass die arbeiten und sich anpassen wollen. Und das ist bei vielen von denen, die da zuletzt gekommen sind, nicht der Fall.
Es steht zu hoffen, dass mit der neuen Regierung, die demnächst ihr Amt antritt, die einschlägigen alten Vorschriften neu interpretiert und die alte Praxis einer Revision im oben dargestellten Sinne unterzogen wird.
Dr. jur. Peter F. Lang, Ex-Richter, Ex-Diplomat (Gesandter i.R. des österr. Auswärtigen Dienstes).