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Wir sollten die Regierung wählen

Wir sollten die Regierung wählen

Am 5. November 2024 wurden in den USA beide Kammern des Parlaments und der Präsident gewählt, der auch Regierungschef ist. Da die USA eine stark ausgeprägte Gewaltentrennung haben, kann der Präsident nur bei schweren Verbrechen mit einer Zweidrittelmehrheit im Senat des Amts enthoben werden.

Der Präsident verfügt zwar als Regierungschef über erhebliche Exekutiv-Gewalt, hinsichtlich der Gesetzgebung kann er sich aber nicht einmal der Unterstützung der Abgeordneten der eigenen Partei sicher sein. Dank dieser Gewaltentrennung funktioniert das amerikanische System auch dann, wenn Präsident und Parlamentsmehrheit von unterschiedlichen Parteien gestellt werden; d.h. eine Gewaltentrennung nach US-Vorbild würde dafür sorgen, dass sogar ein Vielparteien-Parlament mit von Sachfrage zu Sachfrage unterschiedlichen Mehrheiten problemlos funktioniert.

In Österreich hingegen besteht die Gewaltentrennung nur auf dem Papier. Wir wählen zwar auch einen Präsidenten, dieser führt aber nicht die Regierung, sondern ist in der Praxis eine Art Ersatzkaiser mit primär zeremoniellen Aufgaben. Wir wählen in der Theorie die Abgeordneten des Parlaments, aber in der Praxis Parteien. Wenn eine Regierung nicht von einer Mehrheit im Parlament gestützt wird, dann kann sie von einer einfachen Mehrheit im Parlament des Amts enthoben werden. Daher ergeben sich Regierungen aus den Verhandlungen zwischen den Parteien. Sobald eine Regierung steht, werden Gesetze von den Abgeordneten diszipliniert, gemäß den Vorgaben der Parteichefs der Regierungsparteien beschlossen, die auch an der Spitze der Regierung stehen.

Dieses System funktioniert, solange eine Partei oder zwei einigermaßen ähnliche Parteien die Regierung bilden. Das kommt vor dem Hintergrund des Verhältniswahlrechts und der Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien immer seltener vor und zwar, obwohl es wegen massiver finanzieller und organisatorischer Hürden für neue Parteien viel schwerer als in anderen Staaten mit Verhältnis-Wahlrecht ist, einen Einzug ins Parlament zu schaffen.

Das führt uns zu Koalitionen sehr unterschiedlicher Parteien wie ÖVP und Grüne, mit einem kleinen gemeinsamen Nenner. Solche Koalitionen basieren auf der Aufteilung von Spielwiesen und Budgets. Das Ergebnis ist bekannt: hohe Staatsausgaben, hohe Steuern, hohe Staatsschulden, allgemeiner Niedergang. Die Dreiparteien-Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS wäre eine Steigerungsform dieses Zustandes gewesen, der uns zum Glück erspart geblieben ist.

In dieser Legislaturperiode werden wir eine Koalition der FPÖ mit ÖVP oder SPÖ erleben, sofern eine dieser Parteien einen neuen FPÖ-kompatiblen Obmann bestellt. Ansonsten wäre die logische Konsequenz eine FPÖ-Minderheitsregierung oder eine parteiunabhängige Technokraten-Regierung, beide wären ständig von einem Misstrauensantrag bedroht.

Bis zur nächsten Wahl sollten wir eine Verfassungsreform hinbekommen, die eine Gewaltentrennung ähnlich wie in den USA herstellt. Ein Kanzler-Präsident sollte direkt vom Volk gewählt werden. Wie der französische Präsident sollte der Präsident vor dem Hintergrund eines Mehrparteienparlaments freie Hand bei der Ministerauswahl haben. In der Folge würden Präsidentschaftskandidaten wohl schon mit einem Ministerteam in den Wahlkampf ziehen und Bürger würden den Präsidenten und das Regierungsteam wählen, dem sie die Führung des Staates am ehesten zutrauen. Bei der Parlamentswahl würde es mehr denn je auf politische Inhalte ankommen, die dank wechselnder Mehrheiten auch leichter umsetzbar wären.

Hinsichtlich der Umsetzung einer solchen Verfassungsreform sollte das Volk im Rahmen einer Volksabstimmung das letzte Wort haben. Das wäre übrigens die erste Volksabstimmung seit jener von 1994 über den EU-Beitritt.

 

Mag. Christian Ebner ist Unternehmensberater und Parteiobmann von "Ja zu Österreich".