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Eine Demütigung mit Folgen

Eine Demütigung mit Folgen

Dem israelischen Geheimdienst Mossad ist ein verblüffender Coup gelungen, als er am Dienstag hunderte Pager von Hisbollah-Terroristen im Libanon gleichzeitig explodieren ließ. Denn auch wenn sich Israel noch immer nicht als Urheber des Anschlags bekannt hat, ist ziemlich klar, dass die Aktion auf sein Konto geht. Die Bedeutung geht allerdings weit über den Nahost-Krieg hinaus.

Die gleichzeitige Explosion von 3000 Funkempfängern mit weiteren Explosionen von Walkie-Talkies am Mittwoch war ein Überraschungscoup, den der Mossad gebraucht hat. Denn seit er das katastrophale Abschlachten und die Geiselnahme israelischer Zivilisten durch Hamas-Kämpfer aus dem Gaza vor einem Jahr nicht rechtzeitig verhindert hatte, war sein Ruf als sicherlich bester Geheimdienst weltweit schwer angeschlagen. Spätestens jetzt hat sich der Mossad wieder in seiner ganzen Stärke gezeigt.

Die Hisbollah auszuschalten oder zumindest stark zu schwächen, ist ein überlebenswichtiges Ziel für die Israelis. Denn die vom Iran finanzierte und gelenkte Miliz hat den Südlibanon mit zehntausenden Raketen aufgerüstet, die jederzeit einen Teil Israels ausradieren könnten. Schon seit einem Jahr musste das Land zehntausende Bewohner aus dem Norden seines Territoriums evakuieren, um die Menschen vor den ständigen Angriffen der Hisbollah in Sicherheit zu bringen.

Ein Indiz für die israelische Urheberschaft des Pager-Angriffs ist denn auch, dass dieser gerade zu dem Zeitpunkt erfolgt ist, als Israels Staatschef Netanjahu die Rückkehr der Evakuierten in Aussicht stellte. Allerdings: Auch mit dem geglückten Überraschungs-Coup hat Israel die Gefahr der auf sein Territorium gerichteten Raketen nicht schwächen, geschweige denn ausschalten können. Die Terror-Miliz selbst ist zwar geschwächt und geschockt, aber die Aktion könnte zu einem Pyrrhus-Sieg werden, wenn die Mullahs den Befehl zum Vergeltungs-Angriff für die erlittene Demütigung ihrer Kämpfer geben.

Ein Schlaglicht auf die moderne Kriegsführung

In den letzten Jahren zeigte sich, wie stark sich moderne Kriege von früheren unterscheiden. Schon seit dem ersten Irak-Krieg mit seinen Tarnkappen-Bombern beschäftigt die Experten die Anwendung des technologischen Fortschritts in der Kriegsführung und wie sie das schreckliche Gesicht des Kriegs verändert. Im Ukraine-Krieg hat man zuletzt gesehen, dass Drohnen und Roboter zu den dominierenden Waffen geworden sind – wobei gerade effektive Drohnen sogar von militärischen Laien hergestellt werden können.

Auch die Verwundbarkeit der modernen Kommunikationstechnologie wurde in diesem Krieg zum Thema – als etwa russische Soldaten nach Hause telefonierten und so ihren Standort preisgaben. Genau diese Verwundbarkeit war denn auch der Grund, warum die Hisbollah die längst veraltete Technologie der Pager zum Einsatz gebracht hat – denn Israel hat immer wieder ganz gezielte tödliche Angriffe auf Milizführer durchführen können, weil sie sie über ihre Handys orten konnte.

Mit dem Schritt zurück in der technologischen Entwicklung wollte man die eigenen Kämpfer weniger verwundbar machen – und hat das Gegenteil erreicht.

Die geopolitische Dimension

In den beiden derzeit tobenden Kriegen gibt es eine gemeinsame Konstante, die stark über Sieg oder Niederlage mitentscheidet, ohne Vorort zu sein: den Iran.

Im Nahen Osten zieht das Mullah-Regime die Fäden sichtbar. Es hat deshalb auch kaum verwundert, dass unter den Pager-Opfern der iranische Botschafter im Libanon war.

Im Ukraine-Krieg ist die Lage etwas komplizierter: Russland bezieht seine Drohnen aus dem Iran – nicht ohne Gegenleistung. Die CIA vermutet, dass Russland dem Iran dazu verhilft, selbst Atomwaffen herstellen zu können. Damit sind alle Bemühungen, die es über viele Jahre gegeben hat, das durch ein Atom-Abkommen zu verhindern, gescheitert. Und mit einer Atommacht Iran verändert sich die Weltlage grundlegend.

Einerseits erhöht schon der Besitz von Atomwaffen das Gewicht des Iran im Spiel der Mächtigen. Wie gut das funktioniert, sieht man daran, dass die USA der Ukraine weiterhin verbieten, amerikanische Waffen gegen Russland einzusetzen - denn Putin hat andernfalls offen mit einem Atomschlag als Antwort gedroht.

Andrerseits sind es dann mit Russland, China und dem Iran drei autokratische Player, die den USA gegenüberstehen. Und das verändert die globale Bedrohungslage entscheidend: Von einer Machtbalance oder einem "Gleichgewicht des Schreckens" wie im Kalten Krieg kann dann keine Rede mehr sein.