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Kann man das EU-Europa noch retten?

Kann man das EU-Europa noch retten?

Im 19. Jahrhundert wurde es eine mächtige Bewegung in den vielen souveränen deutschsprachigen Fürstentümern gegen die herrschenden Feudalherren, als die Menschen nach einem gemeinsamen Staat riefen, den sie dann nach zwei Generationen und vielen Konfrontationen zum Großteil auch erreichten. Das war eine ähnliche Bewegung wie jene, mit der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine große Mehrheit der Europäer ein gemeinsames Europa anstrebte. Im 21. Jahrhundert ist diese so kluge, mutige und bürgernahe Europa-Idee aber durch Verschulden gerade jener Menschen in die Krise geraten, die an der Spitze dieses Europas stehen. Ein wenig vergleichbar ist das mit dem Schicksal des an sich ebenfalls klugen, mutigen und bürgernahen deutschen Nationalgedankens, nachdem es zuerst den Preußen und dann vor allem den Nazi-Verbrechern gelungen war, die Führung in diesem Deutschland an sich zu reißen.

Als absurde Folge dieser Geschichte wird etwa in Deutschland die Fußball-Nationalmannschaft heute nur noch "Mannschaft" genannt, weil das Wort "National" als verbrecherisch geoutet worden ist. Als Folge der Nazi-Verbrechen ist heute die ganz große Mehrheit der Österreicher dagegen, dass ihre Republik sich an Deutschland anschließt; 1918 war hingegen die ganz große Mehrheit und alle drei großen Lager – Christlichsoziale, Sozialdemokraten, Nationalliberale – noch für den Anschluss an Deutschland gewesen.

Droht dem europäische Integrationsgedanken eine ähnliche Entwicklung, wird auch er zunehmend von einem positiven zu einem negativen Begriff? Jedenfalls sind heute nachweislich weniger Österreicher denn je seit dem vor haargenau 30 Jahren unter großem Jubel erfolgten Beitritt noch für die Mitgliedschaft in der EU. In den Neunzigern waren außer den wenigen Grünen und den damals ebenfalls relativ seltenen Freiheitlichen (die skurrilerweise noch einige Jahre davor überhaupt die stärkste Vorkämpferin einer Zugehörigkeit zur EWG beziehungsweise EG gewesen waren!) alle Lager für den Beitritt, auch die lange ablehnenden Sozialdemokraten, die unter Vranitzky und Gewerkschaftseinfluss ihre Politik änderten.

Auch wenn die wachsende Zahl der heutigen EU-Gegner noch keine Mehrheit ergibt, sollten die Alarmsignale dringend ernst genommen werden, die ja ähnlich auch aus vielen anderen Mitgliedsstaaten dringen (während außerhalb der EU von Moldawien über die Ukraine bis Georgien der Beitrittsdrang ungebrochen groß ist): Gehört werden sollten die Alarmsignale vor allem von den EU-Institutionen in Brüssel, Luxemburg und Straßburg.

Damit sind bewusst alle drei großen EU-Sitze aufgezählt. Denn in Wahrheit sind die EU-Richter in Luxemburg und die meist in Straßburg tagenden EU-Abgeordneten noch viel stärker als die etwas vorsichtigeren EU-Beamten sowie die Kommission und die von Ministern der Mitgliedsländer gebildeten und daher noch stärker zurückhaltenden EU-Räte jene Kräfte, welche die EU auf einen falschen Weg gebracht haben. Dahinter steht die Verlockung der Macht, die Verlockung, möglichst viel "machen" zu können, möglichst viele Dinge nach den eigenen Vorstellungen gleich einheitlich für fast eine halbe Milliarde Menschen regeln zu können. Sie haben dabei auch kein schlechtes Gewissen, weil sie es ja immer gut meinen und von der eigenen Weisheit überzeugt sind.

Das waren aber etwa auch die kommunistischen Führer in Moskau, die ja ebenfalls ganz genaue, sogar "wissenschaftliche" Theorien zu haben glaubten, wie das Leben der Menschen bis in die Familien, bis in die Gedanken hinein zu regeln wäre. Dabei war letztlich nur der nationale Überlegenheits- und Vorherrschaftsanspruch der Russen und ihrer Machtkader wichtig, unter dem die Menschen litten – während die sozialen Versprechungen des Kommunismus nie bei diesen ankamen, sondern sich vor allem im Vergleich zu dem von der Elite so verachteten Kapitalismus extrem unsozial auswirkten.

Zurück zu den heutigen Machtträgern in Brüssel, Straßburg und Luxemburg. Sie haben bei aller gutmeinenden Klugheit und Wissenschaftlichkeit aber nur auf eine Kleinigkeit vergessen: auf die Menschen in diesem Europa, auf deren geradezu genetischer Sehnsucht nach nationaler und regionaler Identität. Die Bürger profitierten zwar eindeutig auf wirtschaftlicher Ebene durch den Binnenmarkt – auch wenn keine Sekunde gezweifelt werden kann, dass Marktwirtschafts-Freiheit und Rechtsstaats-Bedingungen viel mehr für den grandiosen wirtschaftlichen Aufstieg der Europäer getan haben als die EU. Als Beweis nehme man etwa die Schweizer oder die Norweger, denen es noch deutlich besser geht als den EU-Europäern.

Diese EU-Europäer fühlen sich zunehmend in unerträglichem Maße von jenen Machtträgern überreguliert, die in ihrer Gier möglichst viel "machen" zu wollen, alles über einen Kamm scheren. Folgender Spruch hat viel für sich, um die Zusammenhänge in der Welt zu erklären: Die USA erfinden, China produziert und Europa reguliert (und wundert sich, dass sich die anderen beiden viel besser entwickeln).

Die Liste der konkreten und vor allem überflüssigen Ärgernisse durch die EU ist unübersehbar lang. Sie reicht etwa vom täglichen Zorn bei der Öffnung einer Milch- oder Fruchtsaftflasche bis zur Renaturierungs-Schikane für die Bauern, von den für die gesamte Wirtschaft würgenden Lieferkettengesetzen bis zum Verbrenner-Verbot für die Autofahrer. Für die Österreicher ist speziell der Ärztemangel ärgerlich, weil sie der EU-Gerichtshof gezwungen hat, Unmengen deutscher Numerus-Clausus-Flüchtlinge (also Abiturienten mit schlechten Noten) das für die österreichischen Steuerzahler ganz besonders teure Medizin-Studium absolvieren zu lassen, während viele Österreicher, die Arzt werden wollen, das nicht können.

Das wäre alles vielleicht noch erträglich, würde die europäischen Integrationsbehörden nicht bei der wichtigsten Aufgabe jedes Staatenverbundes versagen: bei der Sicherung nach außen, bei der Sicherung gegen eine bewaffnete oder unbewaffnete Invasion.

Unabhängig davon, wer Schuld an diesem Versagen trägt (Die Franzosen, weil sie immer lieber ihren eigenen Weg mit den eigenen Atomwaffen gehen wollten? Die Neutralen, weil sie als schwarzfahrende Trittbrettbenutzer ihre egoistische Extrawurst haben wollen? Alle, weil sie sich so viele Rüstungsausgaben ersparten?), so ist Tatsache: Die militärische Sicherheit und der Friede Europas in den letzten 80 Jahren sind einzig und allein durch die USA und ihren Nato-Beistand gegenüber dem russischen Imperialismus gesichert worden (Moskau hat deshalb in 70 Jahren gegenüber Westeuropa wohlweislich nie so oft atomare Drohungen ins Spiel gebracht hat wie in zwei Jahren gegenüber der Ukraine). Auch wenn es eigentlich absurd klingt: Europa ist nie imstande gewesen, militärisch alleine verteidigungsfähig zu werden, obwohl es ungefähr gleichviel Einwohner hat wie die USA und Russland zusammen. Jetzt steht die EU ziemlich belämmert da, weil Donald Trump willens scheint, Amerikas schützende Hand von Europa zurückzuziehen, denkt er doch primär an die Interessen seiner USA.

Es ist jedenfalls schlicht eine Propagandalüge, wenn die EU behauptet, sie hätte den Westeuropäern den längsten Frieden seiner Geschichte gebracht. Das haben neben den USA und der Nato insbesondere große Staatsmänner wie Adenauer, Schuman und De Gaulle geschafft, die nach einem Jahrtausend der Rivalität und Kriege erstmals auch eine emotionale Versöhnung und tragfähige Freundschaft zwischen Deutschen und Franzosen geschafft haben. Diese Versöhnung war überhaupt erst die Basis, auf der dann die europäische Integration möglich geworden ist. Und die Befreiung der Osteuropäer waren ebenfalls auf ganz andere Faktoren als auf Aktionen der EU zurückzuführen. Diese Faktoren hießen: Reagan, Gorbatschow, Jelzin, Papst Wojtyla, das endgültige Scheitern der sozialistisch-kommunistischen Utopie, die Anziehungskraft des rechtsstaatlichen Kapitalismus und – nicht zu vergessen! – die unverdrossen nach Eigenständigkeit strebende nationale Identität der von den Russen unterworfenen Völker.

Die Anstrengungen um eine gemeinsame Verteidigungsfähigkeit der Europäer gegen äußere Bedrohungen sind hingegen nie über das Stadium eines kümmerlichen Pflänzchens hinausgekommen. Ebensowenig gelang die Infrastruktur-Integration dort, wo sie zum Unterschied von den Plastiksackerln wirklich übernational notwendig gewesen wäre, etwa bei den Eisenbahnen, wo von den Lokomotiv- bis zu den Ticketsystemen noch immer schwachsinniger Wildwuchs herrscht, während etwa der Luftverkehr (ganz ohne EU!) international längst erfolgreich harmonisiert ist.

Fast noch schlimmer sieht es aus, wenn man die Unfähigkeit der EU-Institutionen ansieht, Europa gegen die nicht-militärische, aber zahlenmäßig umso bedrohlichere Invasion von Millionen Afrikanern und Moslems zu schützen. Dabei sind vor allem viele Moslems durch ihre – Religion genannte – Eroberungs- und Suprematsideologie gefährlich, die sich in rasch wachsenden Subkulturen, im Unwillen, sich zu integrieren (was bei nichtislamischen Afrikanern übrigens ganz anders ist), in Terrorismus und Massendemonstrationen zeigt, bei denen nach einem Kalifat in Europa verlangt wird.

Weltfremde europäische Gerichtshöfe der EU und des Europarats (und in ihrem Gefolge die lemmingsartig nachtrottenden nationalen Verfassungsgerichte) haben diese Invasion mit einer utopischen Menschenrechtsjudikatur gefördert, die im Grund Milliarden Menschen den Einmarsch und das Verbleiben in Europa ermöglicht, weil sie europäische Bürgerrechte zu globalen Menschenrechten ausgeweitet haben, weil sie den Schutz der Familie zum Recht ganzer Clans ausgeweitet haben, nach Europa zu übersiedeln. Genauso schlimm: Linke, grüne und linksliberale Politiker, beziehungsweise Regierungen haben sämtliche Regelungen auf völkerrechtlicher Ebene verhindert (etwa durch Konventions-Novellierungen oder authentische Interpretationen), die diesen amoklaufenden Richtern Einhalt gebieten würde.

So haben wir etwa auch in Österreich die katastrophale Lage, wo die große Mehrheit dieser seit 2015 einmarschierten Moslems etwa bei der "Integrationsprüfung" versagt, während die viel später gekommenen Ukrainer diese Prüfung mit großer Mehrheit bestehen (was auch kein Wunder ist, wenn man eine Ahnung von Geschichte und ethnisch-kultureller Verwandtschaft hat).

Bleibt die große Frage: Warum ist da in Europa im 21. Jahrhundert so viel fehlgelaufen?

Das hat viele Ursachen, aber jedenfalls eine ist ganz dominierend: Die ideologischen Grünlinken (die sehr von den viel konstruktiveren Gewerkschaftslinken zu unterscheiden sind, die etwa in Österreich den SPÖ-Umschwung in der Beitrittsfrage erzwungen haben), die so lange die als bürgerliches und anfangs sehr katholisches Projekt empfundene EWG/EG/EU verachtet und bekämpft haben, haben rund um die Jahrtausendwende ihre Strategie geändert: Wenn wir die EU schon nicht verhindern haben können, dann unterwandern wir sie, dann versuchen wir sie für unsere Zwecke zu instrumentalisieren. Zu diesen Zwecken zählen etwa die Förderung der illegalen Migration, die Renaturierung, die Lieferketten-Regulierung, die Aushöhlung der nationalen Identitäten.

Und die Bürgerlichen waren froh, dass die Grünlinken nicht mehr gegen die wirtschaftlich erfolgreiche EU waren, sondern plötzlich dafür. Sie haben diese daher bei der Durchsetzung ihrer als sekundär angesehenen Anliegen gewähren lassen und viel zu spät begriffen, dass damit ein innerer Sprengsatz in die EU hineingetragen worden ist.

Wenn man von den drei EU-Wasserköpfen bis zu den 27 Regierungen nicht raschest begreift, wie man die Integration noch retten kann, dann werden so wie in Großbritannien jene eines Tages die Oberhand bekommen, die ganz Schluss mit dem Projekt Europa machen wollen. Das wäre aber trotz allem ein dramatischer Schaden. Auch deshalb, weil sich von Wladimir Putin bis Donald Trump viele darüber freuen würden, die es mit uns Europäern gar nicht sonderlich gut meinen.

Aber letztlich beruht das fundamentale Problem Europas auf einer ganz immateriellen Ebene: Ihm fehlt die Bindungswirkung einer gemeinsamen Sprache, einer gemeinsam erlittenen Geschichte oder einer gemeinsamen Religion. Deshalb kann der Vergleich mit der Vereinigung des Deutschen Reiches oder mit den Vereinigten Staaten nie wirklich stimmen.

Die Religion ist den Europäern in diesen Jahrzehnten gutteils verloren gegangen. Die Geschichte war vor allem eine der Kriege zwischen europäischen Staaten. Und die gemeinsame Sprache, die wenigstens als allgemeine Zweitsprache ja nur Englisch sein könnte, ist von den Franzosen verhindert worden, die der Sprache der Angelsachsen keinen Vorrang gönnen wollten.

Bleibt die Bindungswirkung durch einen gemeinsamen Feind. Dieser war jahrzehntelang für den europäischen Zusammenhalt wichtig, aber zwischen 1989 und 1992 verloren gegangen. Das war neben der Unterwanderung durch die Grünlinken zweifellos – so positiv dieser Verlust auch war – der zweite nachteilige Mechanismus für die Entwicklung der EU in den Folgejahren.

Bleibt die offene Frage an die Zukunft: Bringt die Bedrohung des im Putinismus neuerwachten russischen Imperialismus die restlichen Europäer wieder zur Vernunft?