Warning: Illegal string offset 'portraitimage' in /var/www/lweb50/htdocs/science-blog.at/conf.php on line 67
Der steile Absturz vieler Zeitungen

Der steile Absturz vieler Zeitungen

Die Entwicklung der nicht von Zwangsgebühren lebenden Medien, also vor allem der Zeitungen, ist beklemmend. Dabei fällt aber zwischen den einzelnen Blättern ein Riesenunterschied bei der Abwärtsentwicklung auf. Besonders steil sind da vier Medien abgestürzt, die einst als sehr einflussreich gegolten haben. Und dieser Absturz ist – bei allem Ärger über die ORF-Privilegien – in zumindest zwei Fällen sogar eine durchaus erfreuliche Botschaft. Leser merken langfristig immer, wenn sie täglich einen Mist in die Hand bekommen, oder wenn sie täglich durch eine für sie inakzeptabel gewordene Redaktionslinie provoziert werden.

Gewiss: Dass es allen Zeitungen mit ganz wenigen Ausnahmen mehr oder weniger schlecht geht, scheint aufs erste eindeutig. Das hat mehrere Hauptursachen, von denen viele nicht im Inhalt der Zeitungen zu finden sind:

  1. Am wichtigsten ist zweifellos die Konkurrenz durch die elektronische Welt: insbesondere durch Blogs, soziale Medien, Gratis-Internet-Angebot alter Medien. Immer mehr Menschen ziehen diese Angebote dem Kauf einer klassischen Zeitung vor.
  2. Massiv spürbar ist auch die Konkurrenz durch das Gratis-Internet-Angebot des ORF; dieser nutzt die fetten Gebühreneinnahmen, um ein sehr zeitungsähnliches Angebot unentgeltlich ins Netz zu stellen, das all jenen genügt, die zweimal im Tag kaum mehr wissen wollen als die Antwort auf die Frage, ob die Welt noch besteht (das Verlangen der Zeitungen, über Gesetze den unfairen Vorteil des ORF ernsthaft zu begrenzen, ist im Sand verlaufen: Die Linksparteien wollen, erstens, primär ihrem Hauptunterstützer, also dem ORF, helfen; die beiden Rechtsparteien haben, zweitens, jedes Interesse an den Zeitungen verloren, weil deren Redaktionen mit ganz wenigen Ausnahmen praktisch durchwegs weit nach links gerückt sind; und die meisten Zeitungen arrangieren sich sowieso lieber mit dem ORF, als ihn offen anzugreifen, und bekommen dafür von diesem ein paar Brosamen.
  3. Der große Glaubwürdigkeitsverlust der Medien: Dieser ist einerseits Folge des Linksrucks  der meisten Redaktionen (die alle wie die Lemminge der Entwicklung des ORF und der mehrheitlich vom ORF kontrollierten APA gefolgt sind; dieser Linksruck ist aber auch durch die abenteuerliche Entwicklung der diversen Publizistik-Ausbildungsinstitute verursacht, von denen die Medien rätselhafterweise noch immer Absolventen übernehmen). Andererseits ist der Glaubwürdigkeitsverlust auch durch das hohe Ausmaß an politisch gesteuerten Inseraten verursacht: Diese haben bei Lesern zusätzliches Misstrauen geschürt – selbst bei jener Minderheit von Medien, wo sich die Redaktionen trotz aller Geldknappheit noch immer in keiner Weise durch die Inserate beeinflussen lassen.
  4. Noch schneller als die Leser sind die Inserenten Richtung Internet verloren gegangen . Die Inserenten-Abwanderung sieht man vor allem am Schwinden der früher schier unendlichen Zahl von Kleininseraten. Wohnungen, Altautos, Bedienerinnen, Lebenspartner und vieles mehr: All das wird heute über diverse Internet-Plattformen angeboten, beziehungsweise gesucht. Und nicht mehr über Zeitungen.
  5. Während alle Kostenfaktoren gewaltig gestiegen sind (Energiekosten beim Druck, Vertrieb, Papierpreise, aber auch die Kollektivverträge für Drucker und Redakteure), mussten diese Kosten auf immer weniger Käufer aufgeteilt werden. Das hat stolze Preisentwicklungen der Kaufzeitungen ausgelöst: Das ist zu einem Teufelskreis geworden, da immer mehr Konsumenten vor allem deshalb keine Zeitung mehr kaufen, weil ihnen diese zu teuer geworden ist.
  6. Gleichzeitig haben die österreichischen Zeitungen durchwegs unterschiedliche und selten sinnvolle Internet-Angebote erstellt, die die Konsumenten oft mehr verwirrt als motiviert haben. Vor allem haben sie es verabsäumt, gemeinsam eine Micropayment-Plattform zu errichten, auf der man ohne Formalitäten einzelne Artikel um geringe Beträge zwischen 10 und 30 Cent kaufen kann. Statt dessen haben die Zeitungen versucht, an einzelnen Texten interessierte Leser exklusiv als Abonnenten an sich zu binden.
  7. Die Zeitungen haben es auch verabsäumt, eine gemeinsame Plattform für Inseraten-Akquisition zu schaffen, was ja bei sauberen, also nicht der Bestechung dienenden Inseraten durchaus möglich wäre. Das wäre viel billiger als die teuren Inseratenabteilungen. Statt dessen haben die Zeitungen lieber kollektiv auf Google geschimpft, das längst Medien genau diesen Service anbietet (dadurch können auch kleine Medien, wie dieser Blog auf seinen Nicht-Abonnenten-Seiten, ohne eigenen Apparat an Anzeigen herankommen).

Viele Ursachen, eine Wirkung: Während um die Jahrtausendwende noch rund 70 Prozent der Österreicher irgendeine Zeitung gelesen haben, tun dies nach der nun veröffentlichen Media-Analyse nur noch 51 Prozent. Und selbst dieser Wert ist geschönt: Denn da werden heute zum Unterschied von damals auch jene Leser mitgezählt, die eine Zeitung nur als sogenanntes e-paper im Internet anschauen, das es damals noch gar nicht gegeben hat.

Das heißt, es stimmt zwar, dass solche Vergleiche nicht ganz präzise sind, wie die Zeitungen selbst ständig betonen. Was sie freilich verschweigen, ist der Umstand, dass sich die Werte für die Papierzeitungen im Langfristvergleich noch mehr verschlechtert haben, als es auf den ersten Blick scheint.

Noch interessanter aber ist, welche Medien im langfristigen Vergleich schlechter und welche besser als der generelle Trend abgeschnitten haben.

Und da stoßen wir auf ein Heft namens "News", das schon lange durch extrem problematische, unseriöse und schlecht recherchierte Geschichten aufgefallen ist. Es ist im Langfristvergleich der absolut größte Absteiger. Noch im Jahr 2000 nannte die Media-Analyse den Wert von 19,3 Prozent der Österreicher, die das Heft nach der damaligen Zählweise zumindest in der Hand gehabt oder durchgeblättert haben. Nach der im Vorjahr üblichen Zählweise hat "News" hingegen kaum noch wahrnehmbare 2,6 Prozent. Das ist weniger als ein Siebentel. Das ist die ganz eindeutige Sprache des Marktes.

Sehr deprimierend ist der Langfristvergleich auch für die "Kronenzeitung" ausgefallen: Diese hatte in der Zählung von 2000 noch über 43 Prozent ausgewiesen bekommen und war damit Weltrekordler; heute wird das Blatt hingegen von nur noch 21,9 Prozent gelesen. Das ist also nur rund die Hälfte.

"Krone" wie "News" haben neben diesen tiefen Abstürzen noch etwas gemein: Da wie dort hat es nicht nur massive redaktionelle Veränderungen, sondern auch einen Eigentümerwechsel und einen merklichen Linkstrend gegeben, der bei der "Krone" besonders auffällt, weil diese einst sogar deutlich rechts gestanden ist. Daran sieht man, dass Leserverluste nicht nur auf Internet, ORF-Privilegien oder Versäumnisse der ganzen Branche zurückzuführen sind, sondern dass diese auch mit massiven Management- und Redaktions-Fehlern zu tun haben. Denn egal, wie man über die FPÖ denkt: Unternehmerisch ist es irrsinnig, die einstige und von sonst niemandem praktizierte FPÖ-Nähe der "Kronenzeitung" ausgerechnet während jener Jahre in FPÖ-Ferne zu verwandeln, da die FPÖ die höchsten Umfragewerte ihrer Geschichte hat.

Aber auch bei "Kurier und "Presse" ist die Langfristentwicklung besonders unerfreulich. Der "Kurier" hat sich in dieser Zeit von 11,8 auf 5,5 Prozent halbiert; er hat in den letzten Jahren den Abwärtstrend aber stoppen können. Davor hat auch der "Kurier" durch linke Experimente viele Leser verloren.

Und die "Presse" ist in diesem Vierteljahrhundert von 5,4 auf 3,6 Prozent zurückgegangen. Was ebenfalls mit einem kompletten Wechsel der Mannschaft im Führungs- und Eigentümer-Team, vor allem mit einer kompletten inhaltlichen Änderung von einer bürgerlich-liberalen zu einer profillosen Zeitung mit starken linksliberalen Elementen zu tun hat. Besonders pikant: Eindeutig die Hauptschuld an dem "Presse"-Kurswechsel und damit Abstieg trägt ausgerechnet jener Mann als Eigentümer, der heute bei "News" das Sagen hat. Daran sieht man, dass nicht jeder provinzielle Inseratenverkäufer das Zeug zum Zeitungsmacher hat.

Demgegenüber hat etwa der "Standard" seine Media-Analyse-Werte in diesem Vierteljahrhundert verbessern können: von 5,7 auf 6,9. Ebenso hat der "Falter" seine Leser vermehrt. Beiden Blättern muss man attestieren: Sie zeigen in Redaktion wie Eigentümer wie Redaktionslinie viel mehr Kontinuität als die Konkurrenz. Da bekommen die Leser genau das, was sie erwarten. In beiden Blättern dominiert ohne Kinkerlitzchen große handwerkliche Qualität. Das muss man bei objektiver Analyse klar zugeben, auch wenn man inhaltlich mit dem Linkskurs nichts anfängt.

Diese beiden Blätter sind aber von Anfang immer ohne Experimente und ohne modernistische Kinkerlitzchen – wie der Ernennung eines Tennisspielers zum Kurzfrist-Chefredakteur – auf ihrem klaren und erkennbaren Linkskurs gewesen. Das ist eine sichere Bank in einem Land, wo die Linksparteien immer rund 40 bis 45 Prozent erreichen. Mittlerweile könnte der "Falter" wohl sogar ohne die dominierenden Inserate aus dem Umfeld des Wiener Rathauses auskommen. Das wäre doch auch für die Genossen ein guter Anlass, endlich einmal mit dieser mehr als anrüchigen Praxis aufzuhören.